Alle bluten wegen Pleite der Krankenkasse Zurzach |
| Tweet |
20.06.2003, Über seine Prämien zahlt jeder Versicherte zwei Franken für die konkursite KK Zurzach. Auch das noch: Die Krankenversicherten der Schweiz müssen rund 15 Millionen Franken bezahlen. Gedeckt werden damit die Schulden einer konkursiten Krankenkasse.
Zuletzt hatte die Kasse rund 22000 Versicherte. Sie haben gemäss Gesetz Anspruch auf die Bezahlung von Rechnungen für Behandlungen von Leistungserbringern wie Arzten oder Spitälern sowie für Medikamente. Dies gilt bis zum Abschluss eines neuen Versicherungsvertrags. Im Fall der KK Zurzach muss der Insolvenzfonds der Gemeinsamen Einrichtung (siehe Box) Forderungen von gegen 18 Millionen Franken begleichen, schätzt Geschäftsführer Rolf Sutter.
Deshalb muss der Fondsjetzt aufgestockt werden. Den Kassen teilte Sutter in einem Brief Mitte Mai mit: t)m das Minimalziel von 50 Millionen Franken wieder zu erreichen, hat der Stiftungsrat für das Jahr 2003 einen Beitrag von zwei Franken pro obligatorisch für Krankenpflege versicherte Person festgesetzt."
Bis Mitte 2004 müssen die Versicherer das Geld überweisen, das über Prämien refinanziert wird. Insgesamt spült das 15 Millionen in den Insolvenzfonds. Das ärgert Kassenvertreter. Sie halten diese Institution für einen einseitigen Schutz von Ärzten oder Spitälern vor Verlusten. Peter Marbet, Sprecher des Kassenverbands Santésuisse, widerspricht:
"Wenn die Rechnung eines Leistungserbringers nicht von einem Versicherer gedeckt wird, haftet der Patient. Daher ist dies indirekt auch ein Schutz der Versicherten."
Welche rechtlichen Folgen eine Kassenpleite hat, wollte auch das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) genauer wissen und liess ein Gutachten erstellen. Realisiert wurde es von Experten der Schuld- und Konkursgesetzgebung, den Professoren Isaak Meier und Jürgen Brönnimann, sowie von Pia Gianinazzi, welche eine Dissertation zum Thema verfasst. Die Studie "Probleme bei Insolvenz von Krankenkassen" wird demnächst publiziert.
Bei grösserer Pleite ist der Insolvenzfonds überfordert
Im Gutachten wird darauf hingewiesen, dass Insolvenzfälle je nach Versicherungszweig unterschiedlich abgewickelt werden:
Nach einer Kassenpleite muss für die soziale Grundversicherung der Insolvenzfonds offene Rechnungen von Versicherten begleichen. Reicht der Fonds nicht aus, werden laut Krankenversicherungsgesetz (KVG) alle anderen Versicherten proportional zur Zahl ihrer Kunden zur Kasse gebeten.
Offene Rechnungen im dem Privatrecht unterstellten Zusatzversicherungsbereich werden aus dem "gebundenen Vermögen" berappt. Dieses muss von jedem Versicherer nach einer bestimmten Formel für den Fall eines Konkurses aufgebaut werden.
Laut Isaak Meier ist prüfenswert, ob Kassen nicht auch für ihre Grundversicherten ein "gebundenes Vermögen" ausscheiden sollten. Dann würden nicht mehr sämtliche Versicherten für die Pleite eines Versicherers zur Kasse gebeten. Zudem gibt es zwei gravierende Lücken im Versicherungsschutz:
Die Ansprüche aus einer freiwilligen Taggeldversicherung nach KVG werden bei einem Kassenkonkurs nicht durch die GE übernommen. Daher hält Meier fest: "Deshalb ist stossend, dass ein gebundenes Vermögen fehlt."
Im Fall der KK Zurzach verpflichtete sich die Swica, sämtliche Zusatzversicherten ohne Gesundheitsprüfung aufzunehmen. Falliert ein grösserer Versicherer, dürfte kaum eine Kasse zu einem solchen Schritt bereit sein. Dann könnten ältere und kränkere Versicherte ihren Versicherungsschutz verlieren, für den sie unter Umständen jahrelang bezahlt haben. Denn im Zusatzversicherungsbereich kann ein Versicherer Antragstellern die Aufnahme ganz oder teilweise verweigern.
Beim BSV wird nun abgeklärt, ob auf Grund der Ausführungen des Gutachtens gesetzlicher Handlungsbedarf besteht.
Hinweis der Redaktion: Die Bildrechte liegen beim jeweiligen Herausgeber.
Weitere Informationen und Links:
Newsletter abonnieren
Auf diesem Link abonnieren Sie unseren Newsletter und sind stets aktuell informiert.
Eigene News publizieren
Haben Sie eine aktuelle Firmeninformation oder ein Angebot, dass Sie hier publizieren möchten?
Auf diesem Link erfassen Sie die entsprechenden Informationen.















