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Gesundheitskosten steigen seit 1960 kontinuierlich

 

23.07.2003, Das Krankenversicherungsgesetz ist besser als sein Ruf: Diesen Schluss lassen neue Zahlen des Bundesamtes für Statistik zu. Danach ist der Anteil der Gesundheitskosten am Bruttoinlandprodukt nicht explosionsartig gestiegen - sondern seit 1960 kontinuierlich.

Auch im Vergleich mit dem Ausland steht die Schweiz nicht schlecht da - doch beruhigend ist der Blick auf die langfristige Entwicklung dennoch nicht.

Kostenexplosion im Gesundheitswesen: Seit der Einführung des neuen Krankenversicherungsgesetzes stiegen die Prämien für die obligatorische Versicherung um insgesamt 45,5 Prozent. Die Prämienrechnungen belasten unterdessen auch die soliden Budgets mittelständischer Familien und machen das Gesundheitswesen zu einem der wichtigsten politischen Themen. Neue Zahlen über die langfristige Entwicklung im Gesundheitsbereich, die das Bundesamt für Statistik (BfS) am Dienstag veröffentlichte, lassen die Diskussion allerdings in einem etwas anderen Licht erscheinen: Betrachte man die Kosten zwischen 1960 und 2000, könne der Anstieg "keinesfalls als explosiv eingestuft" werden, kommentieren die Statistiker aus Neuenburg. Im Gegenteil: Die Entwicklung verlaufe - weil es sich um einen gesellschaftlich bedingten Trend handle - mit einer gewissen Regelmässigkeit. Analysiert hat das BfS allerdings nicht nur die Zahlen aus der obligatorischen Krankenversicherung, sondern die gesamten Kosten im Gesundheitswesen, was direkte Folgerungen für die gegenwärtige Diskussion über das KVG erschwert.

Kostenanstieg schon vor neuem KVG

Der Anteil der Gesundheitskosten am Bruttoinlandprodukt (BIP) nimmt seit 1960 kontinuierlich zu und hat sich von 4,9 auf 10,7 Prozent (2000) erhöht. Ursachen sind die Verbesserung der Betreuungsqualität, die steigende Leistungsmenge sowie die Alterung der Gesellschaft. Der Kostenanstieg in den Jahren 1996 (Inkrafttreten des neuen Krankenversicherungsgesetzes KVG) bis 2000 ist dabei keineswegs besonders auffällig. Stark steigt der Anteil der Gesundheitskosten am BIP jeweils in wirtschaftlich schwachen Zeiten an - weil die Ausgaben im Gesundheitsbereich auch in Konjunkturflauten stabil bleiben. In den Jahren 1970 bis 1976 stieg der Indikator folglich besonders stark an, ebenso zwischen 1990 und 1993 sowie in den Jahren 1995 und 1996. Erste Erkenntnis aus den BfS-Zahlen: In der Schweiz wird zwar immer mehr Geld für die Gesundheit ausgegeben. Doch mit dem neuen KVG hat das wenig zu tun - die Kosten sind bereits zuvor gestiegen.

USA auf Pole-Position

Und der Kostenanstieg im Gesundheitswesen ist kein Schweizer Phänomen: Auch in Frankreich, Deutschland, Italien, Grossbritannien und den USA haben sich die Anteile der Kosten am BIP mehr als verdoppelt - Österreich ist die einzige Ausnahme der zum Vergleich beigezogenen Länder. Die Schweiz bewegt sich in dieser Statistik im Mittelfeld. Zweite Erkenntnis: Für einen Umbau des Gesundheitswesens in Richtung Verstaatlichung oder Privatisierung besteht vor diesem Hintergrund kaum Anlass - andere Gesundheitssysteme arbeiten nicht kostengünstiger. Pikant ist das Beispiel der USA, die kein staatliches Gesundheitssystem kennen. Dort stieg der Anteil der Kosten am BIP am stärksten. Interessant auch eine andere Statistik: Schlüsselt man nämlich auf, bei wem die Kosten in der Schweiz anfallen, so stellt man fest, dass sich der Staat seit Beginn der siebziger Jahre kontinuierlich aus der Finanzierung des Gesundheitswesens zurückzieht: Er übernahm 1960 31,4 Prozent der Kosten, 1971 39,5 Prozent und im Jahre 2000 nur noch gerade 25,3 Prozent. Dagegen stieg der Beitrag der privaten Haushalte von 55,4 Prozent (1971) auf 68,2 Prozent im Jahr 2000. Der Anteil der Unternehmen blieb im gleichen Zeitraum relativ stabil bei 5 bis 6,5 Prozent. Dritte Erkenntnis: Die Verlagerung der Kosten auf die privaten Haushalte hat in den vergangenen Jahren nicht zu einer kostendämpfenden Wirkung geführt.

Spitalaufenthalte verschlingen am meisten

Und wofür wird das Geld - im Jahre 2003 immerhin über 43 Milliarden Franken - ausgegeben? Den grössten Teil machen die Kosten für stationäre Behandlungen aus, wobei der Anteil von 35,7 (1960) auf 46,8 Prozent (2000) anstieg. Bei den ambulanten Behandlungen ist der Ausgabenanteil leicht rückläufig (2000: 33,1 Prozent). Dagegen hat sich der Anteil an den Ausgaben für Gesundheitsgüter (Medikamente usw.) seit 1960 praktisch halbiert (2000: 12,6 Prozent). Interessant in diesem Zusammenhang: Im Detailhandel mit Arzneimitteln hat sich der Ausgabenanteil praktisch stabilisiert. Das BfS führt dies auf einen Kompensationseffekt zwischen den sinkenden Kosten für herkömmliche Arzneimittel und den steigenden Kosten im Bereich der neuen kostspieligen Medikamententherapien etwa bei Aids zurück. Seit Mitte der neunziger Jahre stark zugenommen hat die Arzneimittelabgabe durch Ärzte.

Die Entwicklungen, die mit den BfS-Zahlen nachgezeichnet werden, sind im Grossen und Ganzen freilich bekannt. Der Blick aufs Langfristige ist dennoch aufschlussreich, weil er die Bedeutung von vielem, was derzeit diskutiert und vorgeschlagen wird, relativiert. Dies führt zur womöglich wichtigsten und folgenreichsten Erkenntnis: Wenn die Kostenentwicklung seit 40 Jahren und trotz grossen Reformen nicht mit dem Wirtschaftswachstum abgedeckt wird, stellt sich früher oder später die Frage, wie die knappen Mittel möglichst gerecht und möglichst effektiv eingesetzt werden sollen, die Frage nach der Rationierung medizinischer Leistungen - die bis jetzt noch kaum jemand zu diskutieren wagt.

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