Durchbruch bei Chefarztlöhnen

 

30.08.2004, Entwurf für ein Gesetz über ärztliche Zusatzhonorare Chefärzte in Zürcher Spitälern erzielen mit der Behandlung von Privatpatienten pro Jahr insgesamt rund 240 Millionen Franken Zusatzhonorare.

Die Gesundheitsdirektion legt jetzt einen Gesetzesentwurf vor, in dem sie die umstrittene Verteilung dieser Gelder neu regelt. Trotz einem Systemwechsel, der die Gelder grundsätzlich dem Staat zuschlägt, behalten die Kliniken unternehmerischen Spielraum.

bto. Der Regierungsrat will die umstrittene Verwendung der ärztlichen Zusatzhonorare in einem neuen Gesetz regeln. Mitte August hat er einen Entwurf der Gesundheitsdirektion gutgeheissen und leitet diesen jetzt dem Kantonsrat zu. Gesundheitsdirektorin Verena Diener hat das neue Gesetz am Donnerstag den Medien erläutert.

Der Gesetzesentwurf sieht einen grundlegenden Systemwechsel vor. Während die Ärzte bisher zusätzlich zum Grundgehalt in ihrer «Freizeit» in selbständiger Tätigkeit Zusatzhonorare erwirtschaften konnten, fallen gemäss Gesetzesvorschlag die Honorare künftig grundsätzlich dem Spital zu. In Franken und Rappen ändert freilich wenig: Bisher gaben die Ärzte 50 Prozent der Honorare ab, künftig verpflichtet sich der Staat, den Ärzten 45 Prozent der Honorare auszubezahlen. Die 45 Prozent fliessen in sogenannte Klinikpools, über deren Verteilung der Klinikleiter bestimmt. Er kann mit dem Geld unter Anhörung der leitenden Ärzte und der Oberärzte sich selber und die genannten Ärztegruppen entlöhnen oder zusätzliches Personal einstellen und Anschaffungen zugunsten der Klinik tätigen. Die verbleibenden 5 Prozent - das ist neu - fliessen in einen Spitalpool, aus dem auch Pflegende, Laborangestellte oder Ärzte anderer Disziplinen für ihren Einsatz zugunsten des Gesamtspitals entlöhnt werden können. Über die Verwendung der Gelder dieses kleineren Pools bestimmt die Spitalleitung; die Chefärzte haben ein Vetorecht. Gesundheitsdirektorin Verena Diener bezeichnete diesen Spitalpool als Kernpunkt der Revision. Er sei zukunftsweisend, weil das kollektive Interesse des Spitals besser als bisher berücksichtigt sei. Die Schaffung derartiger Pools war auch vom Kantonsrat angeregt worden.

Durchschnittlich bis 400 000 Franken Die Lohnunterschiede für die Ärzte der einzelnen Fachrichtungen sind sehr gross - was für die Ärzte selber aber ein kleineres Problem ist als für Aussenstehende. Die Grundgehälter der Klinikdirektoren betragen je nach Disziplin und Dienstalter zwischen 160 000 und 240 000 Franken. Dazu kamen bisher Zusatzhonorare in der Höhe von durchschnittlich rund 50 000 Franken für Oberärzte, 150 000 bis 200 000 Franken für leitende Ärzte und 300 000 bis 400 000 Franken für Chefärzte. Das seien Durchschnittswerte, betonte Diener, und nur wenige Chefärzte hätten die Millionengrenze deutlich überschritten. Schon bisher habe man darum mit Einzelnen Begrenzungen vereinbart, was an einem öffentlichen Spital, in das viel Steuergeld fliesse, naheliegend sei. Auch das neue Gesetz sieht eine Begrenzung vor. Diener misst ihr präventive Wirkung zu.

Das neue Gesetz gilt in erster Linie für die kantonalen Häuser Universitätsspital Zürich (USZ) und Kantonsspital Winterthur. Die Gesundheitsdirektion hat ins Gesetz aber ein Druckmittel eingebaut, das auch den übrigen staatsbeitragsberechtigten Spitälern die Anwendung der Regeln nahelegt. Schöpft eines dieser Häuser weniger ab als vorgeschlagen, kürzt die Gesundheitsdirektion die Staatsbeiträge. Offen ist, welche Wirkung das Gesetz auf die Zürcher Stadtspitäler haben wird. Diese kennen bereits heute Poollösungen.

Chefärzte im Grundsatz zufrieden Die Chefärztevereinigungen reagieren zustimmend auf den Vorschlag des Regierungsrates. Laut Andreas Zollinger, dem Präsidenten der Zürcher Chefärzte-Gesellschaft, haben für seine Berufsgruppe vor allem zwei Fragen Gewicht: Chefarztstellen an öffentlichen Spitälern sollen attraktiv bleiben, und die einzelnen Kliniken sollen ihre Handlungsfähigkeit behalten. Nach langen und konstruktiven Gesprächen mit der Gesundheitsdirektion habe man sich in beiden Punkten finden können, so dass seiner Ansicht nach beide Bedingungen erfüllt sind. Allerdings gebe es Fachrichtungen, die (auch unter dem Einfluss der neuen Tarmed-Abrechnung) massiv verlören. Auch Thomas Pasch, der ärztliche Direktor des USZ, sprach in einer persönlichen Beurteilung von einem Entwurf, «mit dem man leben kann». Gegenüber ersten Entwürfen seien wesentliche Verbesserungen erzielt worden. Dennoch täten sich einzelne Kollegen sehr schwer damit, ihre Selbständigkeit zu verlieren und zu reinen Staatsangestellten zu werden. Zollinger wie Pasch schliessen nicht aus, dass es deswegen zu einzelnen Kündigungen von Chefärzten kommt. Zahlreich dürften diese aber nicht sein.

Zu reden gegeben hatte im Frühling der Fall des Berner Spitzenchirurgen Thierry Carrel, des Wunschkandidaten des USZ für die Nachfolge des in diesen Tagen in Pension gehenden Herzchirurgen Marko Turina. Carrel sagte mit Hinweis auf die ihm gebotenen Anstellungsbedingungen ab. Hat Carrels Absage die Wende gebracht? Das könne man durchaus so sehen, antwortet Pasch auf diese Frage und ergänzt, dass die jetzt formulierten Bedingungen die Einstellung eines Spitzenmediziners durchaus ermöglichen würden. --- Diener hat eingelenkt Vergleicht man erste Entwürfe für das neue Gesetz über ärztliche Zusatzhonorare mit dem jetzt vorliegenden Resultat, so ist nur ein Schluss möglich: Verena Diener ist fast vollumfänglich auf die Linie der Chefärzte eingeschwenkt. Das will nicht heissen, dass diese von vielen beargwöhnte Berufsgruppe unbehelligt weiterhin «unanständig» hohe Saläre einstreichen könnte. Zwar bleiben Spitzenlöhne möglich - zu Recht -, Auswüchse aber werden unterbunden. Weit bedeutender als die Löhne einzelner Chefärzte ist aber die Wirkung des Gesetzes auf das weltweit beachtete medizinische Zentrum Zürich. Das Gesetz gesteht den einzelnen Kliniken weitgehenden unternehmerischen Freiraum zu. Diese können dadurch eigenständig und rasch handeln und sind auch für ausländische Spitzenkräfte attraktiv.

Die Chefärzte der öffentlichen Spitäler des Kantons Zürich erwirtschaften pro Jahr in privatärztlicher Tätigkeit insgesamt rund 240 Millionen Franken. Ausgehend von dieser Zahl wollte Gesundheitsdirektorin Diener in der strengsten Variante anstatt bisher 120 nicht weniger als 192 Millionen von den selbst erwirtschafteten Honoraren der Klinikleiter abschöpfen. Jetzt fordert sie noch 132 Millionen und leistet damit allen Beteiligten einen guten Dienst. Die Öffentlichkeit profitiert mit 120 Millionen, die zur Entlastung der Spitalrechnungen verwendet werden. Die Spitalteams gewinnen, weil immerhin rund 12 Millionen Franken künftig in ihrem Kreis verteilt werden können. Den Chefärzten und ihren Teams verbleiben 108 Millionen Franken, womit ihre überdurchschnittlichen Leistungen weiterhin abgegolten werden. Nur so halten sie den öffentlichen Häusern weiterhin die Treue, und nur so lässt sich die Qualität der medizinischen Versorgung in diesen Häusern halten.

Die Frage der ärztlichen Zusatzhonorare hat das Klima zwischen den Chefärzten und der Gesundheitsdirektion seit Jahren belastet. Eine Lösung liess sehr lange auf sich warten. Dass Gesundheitsdirektorin Verena Diener zum Schluss unter dem Druck gescheiterter Berufungen eingelenkt und damit den Weg für einen soliden Neuanfang frei gemacht hat, ist ihr positiv anzurechnen. - bto.

Weitere Informationen und Links:



Newsletter abonnieren
Auf  diesem Link abonnieren Sie unseren Newsletter und sind stets aktuell informiert.


Eigene News publizieren
Haben Sie eine aktuelle Firmeninformation oder ein Angebot, dass Sie hier publizieren möchten?
Auf  diesem Link erfassen Sie die entsprechenden Informationen.

www.helpnews.ch

Der Onlineverlag HELP Media AG publiziert seit 1996 Konsumenteninformationen für Schweizerinnen und Schweizer. Mit über 150 Suchmaschinen und Informationsportalen gehört HELP Media AG zu den Marktleadern im Schweizer Onlinemarkt.

offene Jobs
Referenzen
  Online-Shop

HELP Media AG in Social Networks
Facebook X (früher Twitter) Instagram LinkedIn YouTube

Ihre Werbeplattform

HELP.CH your e-guide ® ist ein führendes Verzeichnis der Schweiz mit über 18 Mio. erweiterten Wirtschafts- und Firmendaten, 2'500 eigenen Schweizer Webadressen (Domains) und 150 eigenständigen Informationsportalen. Ausserdem betreibt der Onlineverlag HELP Media AG eines der grössten Schweizer Medien-Netzwerke mit über 1 Mio. Webseiten in allen Interessensbereichen.

www.help.ch

Kontakt

  • Email:
    info@help.ch

  • Telefon:
    +41 (0)44 240 36 40
    0800 SEARCH
    0800 732 724

  • Zertifikat:
    Sadp