Gesundheitsförderung als Chefsache

 

02.12.2004, Vermeidung arbeitsbedingter Erkrankungen im Betrieb.

Ein Arbeitspsychologe, ein Mediziner, ein Vertreter der IV-Stellen und interessierte Unternehmer haben sich zum Thema Gesundheit und Arbeitsplatz getroffen und über die Möglichkeiten der Arbeitgeber bei der Krankheits-Verhinderung diskutiert.

san. Professor Eberhard Ulich, bis 1997 Arbeits- und Organisationspsychologe an der ETH Zürich, ist Mitautor eines neuen Buches: "Gesundheitsmanagement im Unternehmen" heisst es. Finanziert wurde es von der Schweizerischen Gesellschaft für Organisation und Management (SGO), die am vergangenen Freitag in Zürich zum Forum "Gesundheit - trotz oder wegen Arbeit" geladen hat. Dort traf Ulich auf den Arbeitsmediziner Dieter Kissling, der in seiner Praxis täglich Menschen sieht, die unter chronischer Anspannung am Arbeitsplatz leiden - Herz-Kreislauf-Probleme, Rückenschmerzen, Magen-Darm-Störungen, angegriffene Nerven oder ein geringes psychisches Wohlbefinden sind die Folgen. Wie Kissling anhand von Daten der schweizerischen Gesundheitsbefragung 2002 zeigte, leidet fast jeder zweite Arbeitnehmer an nervlichen Anspannungen am Arbeitsplatz.

Auch anwesend war ein Vertreter jener Stelle, in der leistungsreduzierte und erkrankte Arbeitende nach der Entlassung oft landen: der IV. Der Präsident der IV-Stellenleiterkonferenz, Andreas Dummermuth, nannte als eine Ursache der wachsenden Zahl von IV-Rentnern die "Rentenfalle". Das gegenwärtige falsche Anreizsystem mache es attraktiver, eine Rente anzustreben, als den Schritt in die Wiedereingliederung zu wagen. Der Wirtschaft sei zudem oft nicht klar, dass sie "auch die Menschen bezahlt, die sie ausschliesst". Eingliederung statt Ausschluss sei das Gebot, und zu diesem Zweck schlug er vor, mehr Stellen für Teilleistungsfähige zu schaffen.

Teil der Betriebsführung Alle drei Redner waren sich einig: "Gesundheitsmanagement" muss Teil der Betriebsführung sein und, wie es in Ulichs Buch heisst, "gehört deshalb zum Verantwortungsbereich der Unternehmensleitung". Ulich nannte die "psychosoziale Gesundheit" heute - im Vergleich zu früheren Wirtschaftszyklen, die durch technische Innovationen ausgelöst wurden - den entscheidenden Faktor für die Entwicklung der Volkswirtschaft.

Strukturen verbessern, Lobkultur fördern Was ist also zu tun? Ulich schlägt vor allem vor, die Abläufe und Strukturen am Arbeitsplatz zu verbessern. Denn auf das Arbeitsumfeld bezogene Intervention wirke mittel- bis langfristig, rein personenbezogene Gesundheitsförderung oft nur kurzfristig. Arbeitsbedingungen zu verbessern, das hiesse etwa, dem Arbeitnehmer vielfältige Tätigkeiten zu ermöglichen, ihm Autonomie bei der Ausübung der Arbeit zuzugestehen, die Problemlösung in Gruppen, die Selbstregulation, zu fördern und neben der Kritik- auch eine Lobkultur zu pflegen. Als "prekäre Arbeitsverhältnisse" bezeichnete Ulich die Teilung in Kern- und Randbelegschaften, eintönige Arbeit, Arbeit auf Abruf, befristete Arbeit, Vertrauensarbeitszeit (ohne Zeituhr, was zu längeren Arbeitszeiten pro Woche führe), die Teleheimarbeit, welche die Grenze zwischen Familien- und Arbeitszeit verflüssige, Outsourcing - gerade Call Center würden, so wie sie heute strukturiert seien, grosse Gesundheitsrisiken bergen.

So bedeute Gesundheitsförderung also "noch mehr Arbeit für selbst schon gestresste Manager", stellte aus dem Publikum der Unternehmer Hans Peter Maier, Ingenieur und Mitglied der Konzerngeschäftsleitung einer Familienunternehmens-Gruppe mit Hauptsitz in München, etwas konsterniert fest. Zwar hält er Ulichs Postulat durchaus für richtig. Es sei auch schon viel geleistet worden, etwa bei der Unfallverhütung und der Hygiene. Betriebliches Gesundheitsmanagement stosse aber an Grenzen, gerade bei der Förderung der psychischen Gesundheit der Mitarbeiter.

Maier kritisiert die Reduktion des Problems auf das Handeln von Unternehmern und Managern. Auch spiele das Verhalten des Menschen als Konsument eine Rolle, ob man etwa bereit sei, für ein unter besseren Bedingungen hergestelltes Produkt entsprechend zu zahlen. Und die Gesellschaft als Ganzes müsse sich vom Denken "hoher Lohn entspricht hoher sozialer Stellung" lösen. Das würde bedeuten, dass ein an zu hohen Leistungsansprüchen gescheiterter Arbeitnehmer bei einer anderen Firma eine andere, ihn weniger belastende, dort trotzdem geschätzte Arbeit gegebenenfalls zu einem niederen Lohn akzeptiere.

E. Ulich / M. Wülser: Gesundheitsmanagement in Unternehmen. Arbeitspsychologische Perspektiven, Wiesbaden 2004.

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