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Patienten verstehen nur noch «Bahnhof»

 

17.02.2005, Ärzte und Krankenkassen drücken sich um die Pflicht zur Information der Patienten. Ärzte und Konsumentenschützer fordern von den Krankenkassen, den Patienten die Tarmed- Arztrechnungen verständlich zu machen.

Die Kassen spielen den Ball zurück mit der Begründung, dies sei Aufgabe der Rechnungssteller - sprich: der Ärzte.

TP AL /Preis f AL TPW AL TP TL fTL TPWTL. Alles klar? Nein? So geht die neue Kürzelsprache auf Arztrechnungen! Seit Einführung des neuen Arzttarifs (Tarmed) vor über einem Jahr haben Patientinnen und Patienten die Möglichkeit verloren, ihre Arztrechnungen zu kontrollieren. Das beklagten zumindest Ärzte und Kosumentenschützer vor rund einer Woche in einem offenen Brief an den Krankenkassenverband Santésuisse. Die Tarmed-Rechnungen strotzten nur so vor Codes, Ziffern und Abkürzungen. Deshalb fordern Ärzte und Konsumentenschützer von Santésuisse, ihre Mitglieder zu verpflichten, dem Versicherungsausweis jeweils eine aktualisierte Tarmed-Lesehilfe beizulegen. «Wer von einem Handwerker eine Reparatur ausführen lässt, verlangt auch eine Rechnung, die Zeitaufwand und erbrachte Leistung auf den ersten Blick sichtbar macht», sagt Jacqueline Bachmann von der Schweizerischen Stiftung für Konsumentenschutz. Um die Kostenexplosion eindämmen zu können, so die Argumentation der Ärzte und Konsumentenschützer, müssten Patienten selbstständig kontrollieren können, ob ihr Arztbesuch korrekt verrechnet wurde.

Offensichtlich ging bei der Entwicklung der neuen Rechnungsformulare der Patient vergessen: Denn ohne grundlegende Kenntnisse über das neue Tarifsystem versteht der Patient beim Lesen seiner Arztrechnung tatsächlich nur noch «Bahnhof», wie es Konsumentenschützer und Ärzte in ihrem Schreiben an die Kassen formulierten.

4600 POSITIONEN. Doch was ist das Tarmed-Tarifsystem? Es handelt sich um den nach Krankenversicherungsgesetz für die ganze Schweiz einheitlich strukturierten Arzt- und Spitaltarif. Ziel des einheitlichen Tarifsystems ist einerseits die Vergleichbarkeit ärztlicher Leistungen zu erwirken und folglich Kostentransparenz herzustellen, andererseits das ärztliche Gespräch (bei gleich bleibenden Gesamtkosten) gegenüber technischen Leistungen aufzuwerten. Derzeit umfasst der Tarmed-Leistungskatalog rund 4600 Positionen. Jeder ärztlichen Leistung ist je nach zeitlichem Aufwand, Schwierigkeit und erforderlicher Infrastruktur eine bestimmte Anzahl Taxpunkte zugeordnet. Dabei unterscheidet das Tarifsystem strikte zwischen der ärztlichen (intellektuellen) Leistung (AL) und der technischen Leistung (TL). Die meisten Tarifpositionen enthalten daher eine Anzahl Taxpunkte für die AL und eine Anzahl Taxpunkte für die TL (siehe Grafik und Text rechts).

Abwehrhaltung. Und wer erklärt dem Patienten die nächste Arztrechnung, die ins Haus flattert? Die Krankenkassen weisen die Forderung der Ärzte und Konsumentenschützer zurück. «Im Prinzip müssten die Rechnungssteller die Rechnung erklären», sagt ÖKK-Mediensprecher Hans-Ruedi Huber. Dem entgegnet FMH-Ärztesprecher Reto Steiner: «Die Krankenkassen sind nach dem Krankenversicherungsgesetz zur Rechnungskontrolle verpflichtet.»

Haben die Krankenkassen die Komplexität der neuen Rechnungsformulare unterschätzt? Nein, meint Santésuisse-Sprecher Yves Sedoux. Bereits im vergangenen Jahr hätten zahlreiche Krankenkassen als auch der Verband in ihren Zeitschriften übersichtliche Tarmed-Lesehilfen veröffentlicht. Zusätzlich stellten die Krankenkassen auch via Internet umfangreiches Informationsmaterial zur Verfügung. «Sollten trotzdem Unklarheiten auftauchen, dürfen die Patienten aber selbstverständlich auch direkt bei den Kassen Rücksprache nehmen», so Sedoux. «Unsere Kunden sind gut informiert», meint auch ÖKK-Sprecher Huber. Seit Einführung der neuen Rechnungen gebe es keine Zunahme von Anfragen oder Reklamationen von Seiten der Patienten. Bei den Krankenversicherern sieht man keinen Handlungsbedarf. ___

So findet man sich im Tarmed-Dschungel zurecht SO WIRD ABGERECHNET. Der Tarmed-Leistungskatalog bewertet 4600 ärztliche Leistungen mit einer bestimmten Anzahl Taxpunkten (je für die ärztliche und die technische Leistung). Die Anzahl Taxpunkte einer Leistung multipliziert mit dem Taxpunktwert ergibt die für diese Leistung zu bezahlende Summe. Die einzelnen Leistungen, ergänzt mit Medikamenten und Materialkosten, ergibt den Gesamtbetrag. Da der Betrieb einer Arztpraxis nicht überall in der Schweiz gleich teuer ist (zum Beispiel unterschiedliche Kosten für Löhne und Praxismiete), gelten in den Kantonen für die Krankenversicherung meist unterschiedliche Taxpunktwerte. Für den Kanton Basel-Stadt beträgt dieser Wert im Moment 93 Rappen (Baselland: 94 Rappen).

In unserem Rechnungsbeispiel einer Tarmed-Rechnung (siehe oben stehende Grafik) dauerte die ärztliche Behandlung 15 Minuten. Dabei diagnostizierte der Arzt eine Hautkrankheit (Hinter Diagnose-Code N9 verbirgt sich die Tarmed-Klassifizierung «Andere Hautkrankheiten»). Je 5 Minuten. Abgerechnet wird im 5-Minuten-Takt. So kosten die ersten 5 Minuten einer ärztlichen Untersuchung (Grundkonsultation nach Tarmed-Leistungskatalog) 9,57 Taxpunkte für die ärztliche und 8,19 Taxpunkte für die technische Leistung. Diese Taxpunkte, multipliziert mit dem basel- städtischen Taxpunktwert (93 Rappen), ergibt die Summe von 16.52 Franken. Die zweiten 5 Minuten kosten abermals 16.52 Franken. Die letzten 5 Minuten einer ärztlichen Konsultation schlagen mit der halben Anzahl Taxpunkte zu Buche. Für die 15 Minuten dauernde Behandlung hat der Patient also einen Gesamtbetrag von 41.30 Franken zu bezahlen.

Die dargestellte Behandlung bestand nur aus einer ärztlichen Pflegeleistung (PFL). Weitere Leistungen würden auf der Arztrechnung in eigenen Rubriken aufgeführt: physiotherapeutische Leistungen unter «Physio», Laboruntersuchungen unter «Labor», Pflaster, Bandagen oder Ahnliches unter «MiGeL» («Mittel und Gegenstandsliste») und schliesslich Medikamente unter «Medi».

Hinweis der Redaktion: Die Bildrechte liegen beim jeweiligen Herausgeber.


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